Presse
Datum | Autor | Medium |
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April 2015 |
Eleonore Büning |
Eleonore Büning schreibt in der FAZ einen intelligenten, lockeren und engagierten Artikel über die diesjährigen Wittener Tage für neue Kammermusik. Wir fühlen uns geehrt, denn sie schreibt: "Und drei der weltbesten, mehrfach ausgezeichneten Spezialensembles waren eingeladen worden, diesen Diskurs auf stichhaltigem Niveau zu realisieren: das Kammerensemble Neue Musik aus Berlin (KNM), das österreichische ensemble für neue Musik aus Salzburg (oenm.) sowie die Neuen Vocalsolisten Stuttgart." |
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April 2015 |
Fabian Czolbe |
Fabian Czolbe schreibt in den Positionen eine kluge und sehr differenzierte Rezension über die Konzerte der diesjährigen MaerzMusik. Wir freuen uns, dass er das KNM wie folgt erwähnt: "Einen musikalischen Höhepunkt boten dagegen vier Musiker des Ensemble KNM Berlin mit Georg Friedrich Haas' Streichquartett Nr. 3 In iij. Noct (2001). Nicht allein aufgrund des Musizierens in der Dunkelheit erzeugte dieses Spannung. Die räumliche Aufteilung der Musiker, jeweils in den vier Ecken des Saals, bot faszinierende Hörperspektiven, die den Hörer in die musikalischen Interaktionen, das Verschieben von Motiven, das Schichten von Klängen, eintauchen ließen." |
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November 2007 |
Peter Uehling |
Mit dem Fahrrad nach New York Das Kammerensemble Neue Musik gastierte im Rahmen des Berlin-Festivals in der Carnegie Hall Carnegie Hall! Selbst abgebrühte New Yorker erstarren kurz in Respekt, wenn man sagt, dass man im berühmtesten Konzertsaal ihrer Stadt auftritt. Meist sind das ohnehin nur die weltweit Etablierten, ein Ort künstlerischer Überraschung ist die Carnegie Hall sicher nicht. Um so bemerkenswerter daher der Auftritt eines kleinen Berliner Ensembles. Das Kammerensemble Neue Musik Berlin (KNM) verdankt seinen Auftritt in der Carnegie Hall nicht allein seiner hohen Qualität, sondern dem Zusammenhang, in dem es auftritt: Innerhalb des Festivals "Berlin in Lights", das sich mit Berlin als einem der "weltweiten Mittelpunkte künstlerischen Ausdrucks" befasst. Das KNM zog die Aufmerksamkeit der Carnegie Hall mit seiner "Hausmusik" auf sich. Dabei ziehen die Musiker durch ein ausgewähltes Viertel, von der Privatwohnung in die Kneipe in den Keller und wieder zurück und spielen jeweils kurze Stücke: Ein Versuch, die Szene aufzubrechen und der neuen Musik Passanten als Hörer zu gewinnen. Das geht in der Carnegie Hall in dieser Form natürlich nicht. Dafür hat das Ensemble ein vielseitiges, kompromisslos modernes und in drei Blocks geteiltes Programm mitgebracht, das einen Eindruck vermittelt vom Herumziehen, von der Anpassung an verschiedene Orte durch verschiedene Besetzungen, von dem konzeptionellen Reichtum der Berliner Szene. Das dreieinhalbstündige Konzert fand in der Zankel-Hall, dem modernen, 600 Zuhörer fassenden Kammermusiksaal der Carnegie Hall statt. Anders als die meisten Neue-Musik-Ensembles, deren Auftritte in ganz normalem Konzertrahmen stattfinden, hat das KNM sich von Anfang an für die Überschreitung dieser Formen in Richtung Performance und Medienkunst interessiert. Als es 1987 von Studenten der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" gegründet wurde, standen seine ästhetischen Interessen quer zu den politischen Linien des SED-Staats. Nach dem Mauerfall wurde das Ensemble richtig bekannt, sein Aufstieg ist eng mit den ersten erstaunlichen Erfolgen des Komponisten Helmut Oehring verbunden. Thomas Bruns, der Manager des Ensembles, sieht in der Einladung nach New York nicht nur eine Bestätigung des Ensemblekonzepts, sondern hofft auch auf bessere Sichtbarkeit des KNM in Europa. Stefan Bartlings "Mit Namen & RANDNOTIZ" für Lautsprecher, zwei Megafone und Fahrrad bildete den kühnen Auftakt des Konzerts: Erst knackt die Fahrradkette, dann hört man Künstlernamen über die Lautsprecher. Das enthielt sogleich die Aufforderung, über das Gehörte auch nachzudenken: Inhaltloses und Künstlernamen, hinter denen sich ganze ästhetische Programme verbergen, bilden den größtmöglichen Gegensatz hörbarer Zeichen. Da ist es schon eine Pointe, wenn Knacken und Namen irgendwann im Schwung der gemeinsamen Beschleunigung, also einer einheitlichen Verarbeitungsmethode, ihre Konturen verlieren, zum Schnurren und zum Geschwätz werden. Fast alle Stücke sind in Grenzbereichen angesiedelt, in denen Sprache oder Bilder zur Musik hinzutreten, die elektronische Bearbeitung den Instrumentalklang ergänzt oder trägt. Noch in Stefano Gervasonis "An" klingt in den traditionell kammermusikalischen Satz durch ein Schubert-Fragment etwas Zeichenhaftes, Sprachliches hinein. Dabei werden Stücke von Altmeistern wie Luigi Nono ("Post-prae-ludium No.1 per Donau" für Tuba) und Helmut Lachenmann ("Intérieur I" für Schlagzeug) mit Stücken eher szeneintern arbeitender Komponisten wie Peter Ablinger, Ana Maria Rodriguez oder Marc Sabat kombiniert. Es sollte nach Bruns' Vorstellung ein langsames Programm sein, im Unterschied zu dem, was man in den USA unter neuer Musik versteht, die in ihren minimalistischen oder populär-traditionalistischen Spielarten eher rhythmisch ist. Erst am Ende wird es mit Stephan Winklers "Vom Durst nach Dasein" rascher: Techno-Einblendungen treiben das Stück. So etwas hört man in New York selten. Wie selten, das illustriert das Engagement einiger Kompositionsstudenten der New York University, die, als sie von dem Auftritt des Ensembles hörten, sofort ein Konzert im Goethe-Institut organisierten, bei dem das KNM Werke der Studenten aufführte. |
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November 2007 |
Steve Smith |
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Juli 2007 |
Dr. Margarete Zander |
Fluxus als Impetus |
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April 2007 |
Bert Noglik |
Concertos Project Michael Mantler und das Kammerensemble Neue Musik Über ein Werk in statu nascendi Fast gewinnt man den Eindruck, dass sie, von unterschiedlichen Erfahrungen kommend, einander folgerichtig finden mussten: der in Personalunion als Trompeter, Komponist und Ensembleleiter agierende Michael Mantler und das Kammerensemble Neue Musik. Intentionen, Überlegungen und musikalische Konzepte erweisen sich als komplementär, mitunter sogar als wahlverwandt. Michael Mantler ist eine Zentralfigur in einer Musik, die sich der kategorialen Zuordnung entzieht, mithin einer der Außenseiter von musikalischer Signifinaz. Der in Wien Geborene ging 1962, damals 19-jährig, nach Amerika, um sein Musikstudium fortzusetzen. Nirgendwo beheimatet, weder in den Gefilden des Jazz noch in denen der Neuen Musik, und nirgendwo recht zu Hause, weder in den USA, wo er rund drei Jahrzehnte gewirkt hat, noch in Europa, wo er seit Anfang der neunziger Jahre, teils in Kopenhagen, teils in Frankreich, lebt, gleicht sein Lebens- und Werkkauf dem eines unermüdlichen Grenzgängers.Doch Michael Mantler wechselt nicht wahllos die Richtungen. Bei aller Vielgestaltigkeit seines Œvres, das sich von Duos bis zu Werken für großes Orchester, von konzertant aufgeführten Literaturvertonungen bis zu szenischen Aufführungen spannt, offenbart er eine Langzeit-Kontinuität. Seine musikalische Phantasie entzündet sich an der Dialektik von Komposition und Improvisation, von determiniertem Ensembleklang einerseits und unverwechselbarem, spontanem Individualklang andererseits. Mitte der sechziger Jahre formierte er mit seiner damaligen Frau Carla Bley und der Creme der New Yorker Free-Jazz-Improvisatoren das Jazz Composer’s Orchestra. Michael Mantler wollte eine Plattform schaffen, um neue Werke für eine größere unkonventionelle Jazzformation selbst komponieren, in Auftrag geben, aufführen und aufnehmen zu können. Zugleich ging es ihm darum, „einigen der einzigartigen und herausragenden Free-Jazz-Improvisatoren eine orchestrale Umgebung zu geben, ohne sie in ihrer Kreativität einzuschränken.“Auf dem 1968 mit dem JCO aufgenommenen Doppelalbum, das längst als „Klassiker“ eines Genres gilt, für das es bis heute keine griffige Bezeichnung gibt, kann man im Verein mit den charismatischen Instrumental-Stimmen von Cecil Taylor, Don Cherry, Pharoah Sanders, Larry Coryell, Roswell Rudd, Gato Barbieri und Carla Bley auch eine neue Orchestersprache hören, deren Ausformung und Differenzierung Michael Mantler bis zum heutigen Tag beschäftigt. „Im Jazz Composers’ Orchestra“, resümierte Mantler, „war außer den Stimmen für die Solisten der Stücke alles ausnotiert. Aber auch die Solisten hatten ihre ,Texte’, also die Musik, die um sie herum passierte. So entstanden die Improvisationen in direkten Reaktionen auf ihr Umfeld, waren dadurch kontrolliert. Auch heute noch verwende ich improvisierende Musiker sehr gern, ohne dass ich sie improvisieren lassen würde, weil sie im Gegensatz zu ‚klassischen’ Musikern eine ganz besondere Art haben, Geschriebenes zu interpretieren und zu phrasieren. Bei einem Symphonieorchester zum Beispiel weiß ich genau: Da sitzen hundert klassisch geschulte Symphoniker. Wenn man denen etwas vorlegt, ohne ihnen zum Beispiel genaue dynamische Informationen zu geben, können sie das nicht spielen. Sie brauchen den Bogen, genaueste Angaben, ansonsten besteht das Papier, das da vor ihnen auf dem Pult liegt, aus nichts anderem als wertlosen Noten. Es ist nicht ihre Aufgabe zu erfinden, wie man etwas spielt.“Mit seinem „Concertos Project“ nimmt der Komponist das bereits mit dem JCO vorgezeichnete und mit unterschiedlichen Besetzungen weiterentwickelte Konzept des Solo-Konzerts wieder auf. Gemeinsam mit dem Kammerensemble Neue Musik soll eine Folge von Konzerten für Solisten wie den Posaunisten Roswell Rudd, den Tenorsaxophonisten Bob Rockwell, den Gitarristen Bjarne Roupé, die Pianistin Majella Stockhausen-Riegelbauer, den Marimba und Vibraphon spielenden Pedro Carneiro, den Perkussionisten Nick Mason und den Bandleader Michael Mantler, Trompete, entstehen. Wenn sich, unter der musikalischen Leitung von Roland Kluttig, die unterschiedlich instrumentierten Concertos zu einem Ganzen fügen, werden – bereits bedingt durch musikkulturelle Herkunft und Mentalität der Beteiligten – sehr verschiedene Herangehensweisen zu erleben sein: von der vergleichsweise werkgetreuen Interpretation bis zur individuellen Ausgestaltung und Improvisation.Das „Concertos Project“ wird am 2. November dieses Jahres beim Jazzfest Berlin aufgeführt werden. Im vergangenen Jahr war im Rahmen dieses Festival das vom Pianisten Alexander von Schlippenbach geleitete Globe Unity Orchestra zu erleben, das erstmals 1966 für die Berliner Jazztage formiert wurde, also in der gleichen Zeit seinen Ursprung hat wie Michael Mantlers Jazz Composers’ Orchestra. Ging es Alexander von Schlippenbach anfänglich um die Zusammenführung von Kompositionsprinzipien der Neuen Musik mit dem Innovationspotenzial der Free-Jazz-Musiker, so setzte sich im Laufe der Jahre eine Praxis durch, die – unter Einbeziehung minimaler kompositorischer Festlegungen – die freie Improvisation in den Mittelpunkt der Orchester-Arbeit rückte. Michael Mantler, mit ähnlichen musikalischen Fragestellungen befasst, ist den umgekehrten Weg gegangen. Im Laufe der Jahre legte er immer mehr Wert darauf, die Freiheiten der Improvisation zu kontrollieren.Zu seinem Werk „13“ von 1975 merkte Mantler an: „Es geht um die Weiterentwicklung von Kompositionen für ein großes Orchester mit Freiheiten der Interpretation, aber ohne Improvisation. Das Orchester ist der Solist.“ Freilich betont er an anderer Stelle immer wieder die Inspiration, die er durch die Eigenart der Mitwirkenden gewinnt. Das trifft für die Instrumentalisten und im besonderen Masse für die in vielen Werken von Michael Mantler eingesetzten Stimmen zu: „Dabei suchte ich eine ganz besondere Art von Stimmen, nicht perfekte Stimmen, die eigentlich aus dem Blues kommen wie jene von Jack Bruce. Sie sollten von Gefühlen geprägt sein, von Emotionen, nicht von einer klassischen Ausbildung.“ Stimmen wie die von Jack Bruce, Marianne Faithful, Robert Wyatt lässt Michael Mantler in manchen seiner Kompositionen Texte von Autoren wie Samuel Beckett, Edward Gorey, Harold Pinter, Ernst Meister, Philippe Soupault, Giuseppe Ungaretti und Paul Auster singen. „Abstrakte Texte,“ so Mantler, „sparsam und zugleich von großer Assoziationskraft.“ Beim „Concerto Project“ treten an die Stelle der Stimmen die Instrumentalisten. Doch auch wenn sich diese in einer vergleichsweise „abstrakten“ Klansprache mitteilen, transportieren einige von ihnen noch immer etwas vom Impetus der Blues- oder Jazzmusiker. Eben das macht die Komplexität des Schaffens von Mantler aus: das simultane Mitdenken der Jazztradition (nicht des Jazzidioms) in einem konzertanten Kontext.Das Kammerensemble Neue Musik, Ende der achtziger Jahre von Juliane Klein, Thomas Bruns und Studenten der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ gegründet, um unmittelbare Gegenwartsmusik aufzuführen, erweist sich als idealer Partner für Mantlers „Concertos Project“. Dem KNM geht es um die Überschreitung der konventionellen Auffassung von Interpretation. In der Zusammenarbeit, zuweilen in interaktiv angelegten Schaffensprozessen mit Komponisten wie Mark André, Beat Furrer, Georg Katzer, Helmut Lachenmann, Chris Newman, Helmut Oehring, Salvatore Sciarrino, Dieter Schnebel transzendierte das Ensemble die herkömmliche Vorstellung von konzertanter Aufführung. Gelegentlich weitet es die traditionelle Konzertsituation in Klanginstallationen und Performances. Vor allem aber konzentriert es sich auf die Ereignishaftigkeit des Musizierens, indem es – wie bei der die realen oder imaginären Räume situativ einbeziehenden Interpretation oder wie bei der Improvisation – die Aura betont und sich der Reproduzierbarkeit tendenziell entzieht. Prozessual entfaltet sich dabei ein neuer Musikertyp wie ihn etwa der seit Mitte der neunziger Jahre mit dem KNM spielende Saxophonist und Bassklarinettist Theo Nabicht verkörpert, der ursprünglich vom Jazz und der improvisierten Musik kommt und sich dann mit diesen Erfahrungen der Neuen Musik zuwandte. Auf Initiative von Theo Nabicht kam es unter dem Titel „ear & wir“ zu jeweils einwöchigen Arbeitsphasen des Kammerensembles Neue Musik mit vier unterschiedlich profilierten Persönlichkeiten der aktuellen Improvisationsmusik: Fred Frith, Louis Sclavis, Armand Angster und Peter Kowald. Auch Musiker wie der seit 2000 zu den Mitgliedern des KNM zählende Tubist Robin Hayward lassen sich nicht mehr auf die Rolle des herkömmlichen Interpreten reduzieren. Klassisch bestens ausgebildet, assoziiert sich das Spiel Haywards heute vor allem mit einer innovativ orientierten, auch Improvisation einbeziehenden Neuen Musik. Auch Hayward bahnte Kooperationen des Ensembles mit Persönlichkeiten aus jenen Musikbereichen an, die sich der eindeutigen Zuordnung entziehen. Wenn das KNM mit Michael Mantler zusammentrifft, wird der musikalische Grenzen überscheitende Arbeitsprozess also nicht etwa begonnen, sondern auf neuer Stufe fortgesetzt.Das Kammerensemble Neue Musik und Michael Mantler arbeiten gleichsam an den gleichen Schnittstellen. Während das sogenannte Crossover eine Zusammenführung unterschiedlicher Stil- bzw. Musikbereiche anstrebt (und sich oft nicht über die simple Addition oder unvermittelten Gegenüberstellung hinausbewegt), geht es beim „Concertos Project“ um die kompositorische Integration unterschiedlich geprägter Solisten und um die kreative Vitalisierung, mitunter auch um Individualisierung des Ensembleklanges. Ohne das Spannungsverhältnis von Individual- und Gruppenklang aufzugeben werden die Solisten zugleich zu Orchestermusikern, und – um das Bild Von Michael Mantler aufzunehmen – das Ensemble avanciert zum Solisten. |